Autor: Peter Maczollek und Leslav Hause Genre: ,
Bewertung

Klappentext:

„Peter Maczollek und Leslav Hause sind Bandidos der ersten Stunde. Sie brachten den in den USA gegründeten Motorradclub vor 14 Jahren nach Deutschland und sind maßgeblich daran beteiligt, dass der Bandidos MC Germany heute rund 700 Mitglieder hat – Peter als einer von drei Deutschlandchefs und Les als Sargento de Armas des Clubs. Die Gründungsgeschichte der Bandidos in Deutschland ist zugleich die Geschichte einer einzigartigen Männerfreundschaft. Peter und Les kennen sich seit 30 Jahren, kämpften stets Seite an Seite, haben viel Blut und Schweiß miteinander vergossen, wilde Partys gefeiert und zusammen im Knast gesessen. Der Bandidos MC Germany ist ihre gemeinsame Welt. In diesem Buch lassen sie erstmals Außenstehende daran teilhaben. Sie erzählen von Rockerfreundschaften und von Feindschaften, von Brüdern und Gegnern, tödlichen Auseinandersetzungen und Enttäuschungen. Die beiden Führungsmitglieder geben einen einzigartigen Einblick in die geheime Welt der Rocker.“

Mein Fazit:

In diesem Buch berichten die beiden ungefähr 50 Jahre alten Autoren über ihr Leben als Rocker. Sie erzählen, wie sie im Ruhrgebiet in der Stadt Gelsenkirchen aufwachsen. Wie ganz normale Jungs spielen sie Fußball und lieben Motorräder. Als Heranwachsende organisieren sie sich in kleinen Straßengangs, dann schrittweise in immer größer werdenden Motorradclubs. Ihr größtes Verdienst ist die Etablierung des amerikanischen Motorradclubs Bandidos hier in Deutschland.

Abwechselnd erzählen sie Geschichten, die dem Leser nahe bringen, wie man sich das Leben als Rocker vorzustellen hat. Schamlos erzählen beide über gute und schlechte Dinge, die ihnen in den letzten dreißig Jahren, als aktive Teilnehmer der Szene, wiederfahren sind. In einem Glossar sind alle verwendeten Begriffe der Biker- und Rockerszene erklärt, ein Bildteil rundet das Buch ab. Fünf Hauptthemen kristallisieren sich im Laufe der Erzählung heraus:

Das wichtigste Thema ist wohl die Freundschaft unter den Mitgliedern eines Clubs und die Rockerehre, die an vielen Stellen in dem Buch herausgestellt wird. Jeder Leser, der schon einmal die brüderliche Gemeinschaft befreundeter Motorradfahrer genossen hat, weiß auch ohne viele Worte, was damit gemeint ist. Als Teil eines Motorradclubs ist man Teil einer Familie. Man hat überall Freunde, wo Mitglieder des Clubs zu finden sind, weltweit! Und man steht zueinander, bei Streitigkeiten, gleich welcher Art, weiß man eine große, schlagkräftige Familie hinter sich.

Eine Männerfreundschaft, die ihresgleichen sucht, durchzieht das Buch wie ein zweiter roter Faden. Viele gemeinsam erlebte Abenteuer, Erfolge und Niederlagen, verbindet diese beiden Männer. Und das mit gutem Recht. Nur wenige Freunde können auf eine so lange, gemeinsame und einträchtige Zeit zurück blicken. Fast so wie Winnetou und Old Shatterhand ziehen die beiden gemeinsam durch ihr abenteuerliches Leben.

Das dritte große Thema ist die Gewaltbereitschaft, die relativierend erklärt wird. Der Gedanke, der hinter den oft zitierten Schlägen steht, ist der, dass man seine Sachen untereinander selber regelt. Ohne Polizei, ohne Rechtsanwälte, ohne lange Verfahren. Das ist typisch für Subkulturen und wird von der Öffentlichkeit erst wahrgenommen, wenn die Gewalt eskaliert. Und Gewalt zwischen verschiedenen Kulturen neigt oft zur Eskalation. Länder sind untereinander verfeindet und die Machtblöcke, denen sich die Länder angeschlossen haben, sind natürlich ebenso untereinander verfeindet. Und so sind Rocker unterschiedlicher Klubs und die Klubs untereinander auch verfeindet. Das ist einfach so und wird nicht hinterfragt. Der andere Klub ist anders. Und das reicht aus, um den Mitgliedern ablehnend und gelegentlich aggressiv gegenüberzustehen.

Wie war es anders zu erwarten? Die Rolle der Polizei wird, ähnlich wie in den Heften und Zeichentrickfilmen der Werner-Comics von Rötger Feldmann (genannt Brösel), oftmals ins lächerliche gezogen. Die gelegentlichen Pannen und Misserfolge der Polizei werden weidlich ausgeschlachtet. Dabei, so meine Meinung, haben die Beamten sich alles in allem doch wacker geschlagen und sich korrekt verhalten. Keiner hat bei einer Razzia ruhige Nerven, auch Polizisten haben Angst vor Hunden und Fehler macht eben jeder.

Als Letztes, aber nicht zuletzt, ist die Feindschaft zwischen den Hells Angels und den Bandidos zu nennen. Immer wieder, trotzt etlicher Mühen, kommt es zu Reibereien und ernsthaften Zwischenfällen. In zahlreichen Berichten und Erzählungen wird darauf eingegangen und man gibt sich alle Mühe, die Hells Angels als die Verursacher der Streitigkeiten darzustellen. Der Leser kann sicher sein, dass die Ereignisse, aus der Sicht eines Mitgliedes der Hells Angels berichtet, sich deutlich anders darstellen.

 

Soweit zum Inhalt. Nun, mag mancher jetzt denken, was will ich mit einem Buch, welches das Leben von Außenseitern beschreibt? Ich kann es sagen, es ist nämlich ein spannendes Buch. Herzliche Geschichten werden darin beschrieben, man taucht in ein Milieu ein, das viele Menschen gruseln lässt. Übergriffe anderer Rocker, Razzien, Arbeit im Rotlichtmilieu, Ärger mit Querdenkern in den eigenen Reihen und vieles mehr malt ein ebenso buntes wie verständliches Bild der Szene. Wenn mein Sohn mich fragen würde, wie ein Leben als Rocker aussieht, dann würde ich ihm das Buch empfehlen. Es riecht von der ersten Seite an nach Freiheit, Abenteuer und großer Gemeinschaft. Aber es zeigt auch die hässliche Seite der Gewalt und betont die Ablehnung, die man als Rocker von der Gesellschaft erfährt.

Ich komme langsam zum Ende meiner Rezension, nur noch einen Gedanken möchte ich vermitteln. An einer Stelle im Buch wird gesagt, dass eine Uniform, wie auch die Abzeichen eines Motorradclubs, aus einem schwachen Menschen keinen starken Menschen macht. Genau da soll, so die Autoren, sich die Spreu vom Weizen trennen. Spontan kam mir an dieser Stelle eine grandiose Idee.

Werte Bandidos, beste Hells Angels, alle Mitglieder anderer Motorradclubs und jeder Gesetzlose überhaupt, hört meinen Vorschlag: Stellt ab sofort jede Form der Gewalt und der Gesetzlosigkeit ein und lasst jeden Vorwurf der Illegalität dauerhaft unbegründet. Werdet zu rechtschaffenden Bürgern, ohne wenn und aber! Und dann, wenn alle Polizisten wegen mangelnder Tätigkeit arbeitslos sind, dann schaut, wie sich bei diesen Menschen, ob noch in Uniform oder nicht, die Spreu von Weizen trennt. Ihr werdet sehen!

 

Ich vergebe fünf von fünf Sternen.